Mit der Moana Blu auf große Fahrt: Teil 3 Barfußroute – warum eigentlich?

Beim Thema Barfußroute teilt sich die Seglergemeinde schnell in zwei Lager: wenn ich erzähle, dass ich Ende 2019 den Atlantik auf der 12 m langen Moana Blu von Lanzarote nach Grenada überqueren werde, erhalte ich meist zwei sehr unterschiedliche Reaktionen: von der überwiegenden Zahl der Freunde und Bekannten erhalte ich ein ‚Whou- das willst du machen?!‘. Es gibt aber auch einige, die mit ‚total langweilig‘ oder ich kenn einen, der hat das gemacht und würde es nie wieder machen antworten. Interessanterweise hat mich bis heute aber noch niemand gefragt, warum ich das eigentlich machen will. Und ich ertappe mich dabei, dass ich mich selbst das bisher auch noch nicht richtig gefragt habe. Also mach ich hier mal den Versuch, der Sache auf den Grund zu gehen.

Spontan fallen mir fünf Antworten ein, Andere mögen noch weitere haben : (a) Freunde haben mich gefragt, ob ich dabei sein will; (b) Einmal im Leben über den Atlantik schippern; (c) Die Herausforderung annehmen und meistern; (d) Im ‚eigenen‘ Boot die Karibik erkunden; (e) Für drei bis vier Wochen alles hinter mir lassen und auf der Weite des Atlantik sich selbst finden.

In meinem Fall war der Auslöser tatsächlich (a): Ein Freund, mit dem ich seit 5 Jahren im Sommer immer 2-3 Wochen auf der Ostsee segele, will vom Heimathafen Travemünde bis nach Neuseeland segeln und hat mich gefragt, ob ich bei einigen Abschnitten dabei sein will. Ohne viel zu überlegen habe ich spontan Interesse gezeigt. Das bedeutet aber doch nicht gleich, dass ich mir das schon immer gewünscht hätte, dass das mit meiner Familie vereinbar sein würde, dass ich das auch wirklich will und dass das auch geht.

Ja, die Vorstellung, einmal im Leben über den Atlantik in einem kleinen Boot gesegelt zu sein (b), hoffentlich Delfine und andere größere Fische zu sehen, fangfrischen Fisch zu essen und großartige Sonnenauf- und -untergänge zu sehen, vor allem auch den Sternenhimmel glänzend vor tiefdunkler Kulisse frei vom lichtdurchfluteten Europa zu erleben (zuletzt hatte ich dieses großartige Erlebnis vor fast zwanzig Jahren in der Atacamawüste im Norden Chiles), diese Vorstellung finde ich toll.

Zugegeben, die Herausforderung (c) reizt mich auch. Ich will mir hier wohl doch etwas beweisen und auch zu den Seglern gehören, die das einmal bewältigt haben. Das rund um die Uhr, den Wachwechsel, die langen Nächte, wechselnde Windverhältnisse und, die langen Wellenberge und die unendliche Weite zu meistern. Je mehr Erlebnisberichte und Videofilme von Anderen ich zu dem Thema ansehe, beschleichen mich aber doch auch manchmal Zweifel und Fragen, wie mit den langen Tagen und Nächten umgehen. Wird mir manchmal, vielleicht sogar öfters schlecht sein und was, wenn jemand krank wird, das Schiff einen Schaden nimmt. Wie sehr werde ich meine Familie vermissen (wir sind bisher kaum mehr als eine Woche getrennt gewesen) Werden wir in der Lage sein, etwas Leckeres und Gesundes zuzubereiten, oder kommt angesichts der Wetterbedingungen alles vorgefertigt aus der Packung und Dose auf den Tisch. Werde ich schon bald dem Ankommen und Wiedersehen mit der Familie und dem Ende der dauernden Schaukelei entgegenfiebern.   

Würde ich das auch (d) im eigenen Boot, einer Waarship 570  machen wollen? Ganz sicher nicht, obwohl ja schon im Jahr 1977 der deutscheWolfgang Quix bei der ersten ‚Poor Man’s Rally‘ (Mini-Transat) genau das erfolgreich gemacht hat. Nein, meine Blue X ist zwar prima in Schuss und sehr gut ausgestattet, aber weder Einhand noch auf 570 cm würde ich das heute wagen wollen. Warum dann auf der Moana Blu, die mit 38 Fuß doch  nur etwas mehr als zweimal so groß ist? Es muss wohl daran liegen, dass ich auf mehreren Ostseetörns in verschiedenen Wettersituationen Vertrauen in das Boot und den Skipper aufgebaut habe (dazu habe ich ja weiter unten berichtet).  

Nein, einmal alles hinter mir lassen (e) kann ich nicht attraktiv finden. Die Familie und Freunde werden mir ganz sicher fehlen. Aber ich gehe ja auch nicht alleine. Das Eignerpaar und die 8-jährige Tochter werden auf dem Schiff sein, sodass ein Gefühl von Alleinsein ohnehin kaum aufkommen wird.

Soweit zu Vorschau und Überlegungen zu den Gründen, sich auf die Reise zu begeben. Darüber wie es sich dann in der Praxis angefühlt hat, werde ich aus der Karibik berichten.